Als Tom und Julia sich im Advent fast verloren hätten
- 27 Nov 2025
- Nadja Meffert Hebamme

Der Adventskranz brannte, aber zwischen Tom und Julia herrschte Eiszeit. Wie ein Paar lernte, sich in der Schwangerschaft neu zu finden - und warum der Weg durchs Tal wichtig war.
"Du verstehst mich einfach nicht!", schrie Julia und knallte die Schlafzimmertür zu. Tom starrte auf den Adventskranz. Zweite Kerze, zweiter großer Streit diese Woche. Seit Julia schwanger war, erkannte er sie nicht wieder. Und sie ihn vermutlich auch nicht.
Es hatte so schön angefangen. Der positive Test, Freudentränen, große Pläne. Jetzt, im sechsten Monat, fühlten sie sich wie Fremde, die zufällig eine Wohnung teilten.
"Was ist nur mit uns passiert?", fragte Julia tränenerstickt bei Hebamme Nadja. "Wir haben uns doch immer alles gesagt."
Nadja nickte verständnisvoll. "Ein Baby verändert alles - auch schon vor der Geburt. Ihr werdet von Partnern zu Eltern. Das ist wie eine Metamorphose, und die tut manchmal weh."
Tom fühlte sich ausgeschlossen. Julia sprach nur noch vom Baby, las Ratgeber, plante. Wenn er nach einem stressigen Arbeitstag heimkam, wollte er Normalität. Sie wollte über Kinderwagen diskutieren.
Julia fühlte sich alleingelassen. Ihr Körper veränderte sich, die Hormone spielten verrückt, und Tom? Der machte weiter wie immer. Ging mit Kumpels ein Bier trinken, während sie mit Sodbrennen auf der Couch lag.
"Ich werde Mutter!", hatte sie geschluchzt. "Und Du tust so, als wäre nichts!" "Ich werde auch Vater!", hatte er zurückgebrüllt. "Aber ich bin noch nicht schwanger!"
Am dritten Advent saßen sie schweigend beim Abendessen. Die Stille war unerträglich.
"Ich vermisse uns", flüsterte Julia plötzlich. Tom schaute auf. "Ich auch."
Und dann redeten sie. Wirklich redeten. Bis tief in die Nacht.
Tom gestand seine Angst: "Ich weiß nicht, ob ich ein guter Vater werde. Und ich habe Angst, Dich an das Baby zu verlieren."
Julia weinte: "Ich fühle mich so allein mit allem. Als würde nur ich Eltern werden."
Mit Nadjas Hilfe entwickelten sie neue Rituale:
Der Babybauch-Talk: Jeden Abend legte Tom seine Hand auf Julias Bauch und sprach mit dem Baby - und mit Julia über seine Gefühle.
Paar-Zeit: Mittwochs war babythemenfreie Zone. Da waren sie wieder Tom und Julia, nicht nur werdende Eltern.
Gemeinsame Vorbereitung: Tom ging mit zum Ultraschall, Julia bezog ihn in Entscheidungen ein.
Ehrlichkeits-Abende: Einmal pro Woche sagten sie sich, was nervt - ohne Vorwürfe, nur als Info.
Sie machten einen Deal: Jeden Adventssonntag eine gemeinsame Aktivität. Nichts Großes, nur sie beide.
1. Advent: Glühwein (alkoholfrei für Julia) auf dem Weihnachtsmarkt
2. Advent: Gemeinsam das Babyzimmer planen (mit Pizza-Pause)
3. Advent: Einen Liebesfilm schauen und heulen
4. Advent: Briefe an ihr zukünftiges Ich schreiben
"Wisst ihr, was das Verrückte ist?", erzählte Julia später einer schwangeren Freundin. "Der Streit war wichtig. Wir mussten erst auseinanderfallen, um uns neu zusammenzufinden."
Sie lernten:
Es ist okay, unterschiedlich mit der Schwangerschaft umzugehen
Angst zu haben ist normal - für beide
Reden hilft, Schweigen macht alles schlimmer
Man darf um die Paarbeziehung kämpfen
Das neue Wir
An Heiligabend saßen Tom und Julia unterm Baum. Julias Bauch war riesig, Toms Hand lag darauf.
"Wir haben's geschafft", sagte er. "Die Schwangerschaft?" "Nein", lächelte er. "Wir sind zusammen gewachsen, nicht auseinander."
Das Baby kam zwei Wochen später. Und ja, es wurde nochmal hart. Aber sie wussten jetzt: Sie waren ein Team. Nicht perfekt, aber echt.
Kriselt's bei Euch auch? Das ist normaler, als Du denkst! Schwangerschaft ist Beziehungs-Bootcamp. Redet miteinander, nicht übereinander. Holt Euch Hilfe, wenn Ihr nicht weiterkommt. Eure Liebe ist es wert, dass Ihr dafür kämpft. Und denkt dran: Auch Eltern dürfen ein Liebespaar bleiben.
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